Formerfordernis in Gesellschaftsverträgen / Anspruch auf Gewinn trotz eigener außerordentlicher Kündigung

Die Rechtsprechung knüpft an Formerfordernisse in Gesellschaftsverträgen strenge Folgen, selbst wenn die Gesellschafter – irrig oder übereinstimmend – davon ausgehen, dass solche ursprünglich gewollten Formerfordernisse später leicht durch übereinstimmende mündliche Willenserklärungen abbedungen werden können.

Das Landgericht Hagen (Urteil vom 11.04.2019, 8 O 192/18) urteilte diesbezüglich im Fall einer Steuerberatungssozietät in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Die zwei Gesellschafter hatten strenge Schriftform vereinbart. Hierzu hieß es im Vertrag unter anderem wie folgt:

„Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform und der Unterzeichnung durch alle Gesellschafter auf derselben Urkunde. Mündliche Absprachen sind unwirksam…“

Gesellschafter A kündigte außerordentlich aufgrund von dauernden Streitigkeiten mündlich gegenüber Gesellschafterin B, obwohl vertraglich die Kündigung mittels eingeschriebenem Brief vereinbart war. Diese bestätigte schriftlich die Kündigung. Im darauffolgenden Monat wurde dem kündigenden Gesellschafter der Zugang zur Kanzlei verwehrt. Er nahm auch nicht mehr an der Gewinnverteilung teil.

Hiergegen wandte sich A mit anwaltlichem Schreiben mit dem Hinweis darauf, dass die Gesellschaft nicht beendet worden sei.

A bekam vor dem Landgericht Hagen mit Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und im Einklang mit den Urteilen der Obergerichte Recht.

Fazit: Obwohl für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts gesetzlich keine Schriftform vorgesehen ist, lässt sich das vertraglich vorgesehene Schriftformerfordernis nicht einfach mündlich aufheben.