Erben in der Patchwork-Familie

Für die Kinder in der Patchwork-Familie hängt die Erbschaft nach der gesetzlichen Erbfolge entscheidend davon ab, welcher (Stief-)Elternteil länger lebt:

Die (Stief-)Kinder des Ehepartners, der länger lebt, erben mehr. Kommen gemeinsame Kinder hinzu, werden diese gegenüber den einseitigen Kindern privilegiert.

Sofern beide Ehepartner jeweils ein Kind aus einer früheren Beziehung mit in die Ehe bringen, ohne dass ein gemeinsames Kind hinzukommt, erbt das Kind des länger lebenden Ehegatten letztlich drei Viertel des gesamten Vermögens der Ehegatten, das Kind des erst-verstorbenen Ehegatten lediglich ein Viertel.

Beispiel 1:

Die Ehefrau F hat ein Vermögen bestehend aus einer Immobilie im Wert von 500 TEUR. Der Ehemann M hält Spar- und Wertpapiervermögen im Wert von ebenfalls 500 TEUR. Die einzige Tochter T von M erbt im Todesfall vom M ein Halb, also insgesamt ein Vermögen von 250 TEUR. Der Erbteil von F beträgt im Güterstand der Zugewinngemeinschaft ein Viertel zuzüglich ein Viertel pauschal, also ebenfalls ein Halb. Verstirbt nun die F erbt ihr einziger Sohn S das gesamte Vermögen von F, also die Immobilie im Wert von 500 TEUR sowie den Erbteil der F am Nachlass des M im Wert von 250 TEUR.

Verstirbt F zuerst, drehen sich die Vermögensverhältnisse um: T erbt am Ende 750 TEUR, S 250 TEUR.

Empfindet man ein solches Ergebnis als ungerecht, besteht Handlungsbedarf.

Kommt nun das gemeinsame Kind G hinzu, ergibt sich im Beispiel 2 Folgendes:

Verstirbt wiederum M zuerst, erhalten seine Tochter T und das gemeinsame Kind G jeweils ein Viertel des Vermögens, also jeweils 125 TEUR. Die F erhält weiterhin die Hälfte des Vermögens, also wiederum 250 TEUR. Verstirbt nun die F erhalten Ihr Sohn S und das gemeinsame Kind G jeweils die Hälfte des ursprünglichen Vermögens der F, also der Immobilie im Wert von 500 TEUR. Der Erbteil beläuft sich insoweit also auf jeweils 250 TEUR. Zusätzlich erhalten S und G noch jeweils die Hälfte des Spar- und Wertpapiervermögens in Höhe von 250 TEUR, also jeweils 125 TEUR.

Letztlich erhält die T also 125 TEUR, der S (250 TEUR + 125 TEUR=) 375 TEUR und G (125 TEUR + 250 TEUR + 125 TEUR =) 500 TEUR.

Verstirbt F zuerst drehen sich die Vermögensverhältnisse: T erhält 375 TEUR, S 125 TEUR und G 500 TEUR.

Auch hier gilt: Wer dies als ungerecht empfindet, muss handeln.

Eine Gleichbehandlung der Kinder ist natürlich nicht zwingend. Auch erbt das Kind aus der früheren Beziehung möglicherweise zusätzlich vom Ex-Partner. Gleichwohl ist es ratsam, sich in der Patchwork-Situation Gedanken über die Erbfolge zu machen.

Weiter sollte bei minderjährigen einseitigen Kindern berücksichtigt werden, dass im Falle des Todes eines Patchwork-Ehegatten der Ex-Partner grundsätzlich die Vermögenssorge für das eigene minderjährige Kind erhält. In obiger Fallgestaltung 1 würde im Todesfall der Ehefrau F Ihr Sohns S hälftiger Miteigentümer der Immobilie, die zugleich das Wohnheim darstellen soll. Der Ex-Partner E hätte somit aufgrund seiner Vermögenssorge für S gegenüber dem Ehemann M ein Mitspracherecht zum Beispiel bezüglich von Umbauten, einer Renovierung oder gar einer teilweisen Vermietung oder Veräußerung der Wohnimmobilie.

Verstirbt der S vorzeitig kinderlos, würde der Ex-Partner von F sogar Miteigentümer der Wohnimmobilie.

Dies macht deutlich, dass Handlungsbedarf besteht, sofern der Ex-Partner aus der Verwaltung des Vermögens oder gar dem Erbe des Vermögens ferngehalten werden soll.